„Man-at-Arms, wacht auf!“
Langsam kam Duncan wieder zu sich. Hatte er das Bewusstsein verloren? War er einfach eingeschlafen? Er konnte es nicht mit Sicherheit sagen, als er versuchte, seinen Geist durch den Schleier der Benommenheit wieder zu voller Aufmerksamkeit zu führen.
„Man-at-Arms, wacht auf! Die Zeit drängt.“
Duncan öffnete die Augen und schloss sie unweigerlich wieder, als ihn grelles Licht schmerzhaft blendete.
Wo war er? Langsam kam die Erinnerung an seine Flucht durch die Finsternis zurück. An Hungar, die ihn verfolgte und der Fall in dem Augenblick, als sie ihn erreicht hatte. Ihr wütendes Kreischen hallte noch in seinen Ohren und dann...
‚Ich muß das Bewusstsein verloren haben.’
Langsam öffnete er wieder die Augen, diesmal auf das blendende Licht vorbereitet. Langsam gewöhnte er sich an die Helligkeit, doch als er sich umsah, konnte er nichts anderes entdecken. Egal, in welche Richtung er auch schaute, überall nur dieses helle, strahlend weiße Licht. Auch schien er zu schweben, kein Boden, keine Wände, gar nichts.
„Was zum Henker geht hier vor?“
„Man-at-Arms.“
Wieder sein Name, doch diesmal nicht von einer flüsternden Stimme, sondern klar und deutlich und es schien, als ob viele auf einmal zu ihm sprachen, doch niemand war in diesem weißen Nichts zu sehen.
„Was geht hier vor?“ fragte er in die Leere, die ihn umgab.
„Fürchtet Euch nicht, Man-at-Arms, wir werden Euch kein Leid zufügen.“
„Wer seid ihr?“, ‚oder besser was seid.
Konnte er diesen Stimmen trauen? Duncans Misstrauen hatte sich ganz von selbst eingeschaltet. Einerseits hatte die Stimme ihn wohl vor Hungar gerettet, aber um welchen Preis? Er war in einem vermeintlichen Nichts gefangen, er konnte nicht mal sagen, ob er schwebte oder fiel, geschweige denn, wo oben oder unten war. Nicht mal einen Schattenwurf konnte er um sich herum erkennen.
„Wer seid ihr und was wollt ihr von mir?“
„Wir sind der Anfang, wir sind das Licht, welches das Universum erhellt. Wir sind die Seelen derer, die mal waren. Wir sind die Liebe und die Kraft, welche Leben und Frieden ermöglichen. Und wir sind alle in großer Gefahr.“
Die Worte hallten in Duncans Schädel nach, während er noch versuchte, das Gehörte zu verarbeiten. Die Stimmen hatten einen ehrlichen klang und schienen ernsthaft besorgt zu sein, aber wenn sie wirklich so mächtig zu sein schienen und nach den Worten, die sie gesprochen hatten, mussten sie ja eines der mächtigsten Wesen im Universum sein...
„Warum habt ihr mich hierher geholt? Wenn ihr so mächtig seid, warum unterstützt ihr uns dann nicht? Und was für eine Gefahr meint ihr denn konkret? Wenn ich euch helfen soll, dann hört auf, in verdammten Rätseln zu sprechen. Das hilft niemanden weiter, außer denen, vor denen ihr euch fürchtet.“
Schweigen.
‚Typisch, sobald man mal ein bisschen Gegenwind bekommt, sind die immer gleich beleidigt.’
Duncan sah sich um, doch noch immer konnte er keinerlei Veränderung in seiner Umgebung ausmachen.
„Man-at-Arms, höre zu, auch wenn wir für dich allmächtig erscheinen mögen, wir sind es nicht. Wir sind genauso gewissen Regeln und Gesetzen unterworfen, wie alles im Universum. Diese Regeln können von uns nicht gebrochen werden, also höre genau zu, wir benötigen die Hilfe aller, die sich dem Kampf für das Gute, wie ihr es nennt, angeschlossen haben.“
Duncan verwarf seine zynischen Gedanken bei den Worten und konzentrierte sich nun vollends auf das, was die Stimmen ihm nun anvertrauten.
„Am Anfang von allem gab es nur Licht und Dunkelheit, welche existierten. Unendlichkeiten vergingen, bis sich schließlich an der Grenze die ersten Formen neuer Existenzen bildeten, welche sowohl die Kraft des Lichtes als auch die Kraft der Dunkelheit zum überleben brauchten. Diese Lebewesen fingen an, dass erste Bewusstsein innerhalb des Universums zu bilden und lebten friedlich miteinander. Doch irgendwann kamen neue Formen des Lebens hinzu, die sich mehr zu einer der beiden Seiten hingezogen fühlten und irgendwann brach Streit zwischen ihnen aus, welcher in fürchterlichen Kriegen endete, die das ausgeglichene Verhältnis zwischen Licht und Dunkelheit durcheinander brachte und in einer riesigen Explosion mündete, welche die Trennung aufbrach. Licht und Dunkelheit vermischten sich und ließen das Universum, wie du es heute wahr nimmst, entstehen. Wir sind der letzte Rest des ursprünglichen reinen Lichtes, welches im Zentrum des Universums zurückgeblieben ist.“
Duncans Gedanken rasten über das Gehörte und kam zu folgendem Schluss:
„Wenn ihr das übrig gebliebene Licht seid, gibt es dann auch noch die ursprüngliche Version der Dunkelheit? Ist das die Gefahr, von der ihr sprecht?“
„Die Dunkelheit in ihrer ursprünglichen Form wurde während der Kriege zerschlagen und in die hintersten Winkel des Universums geschleudert.
Um uns nun vor weiteren Angriffen und Missbrauch unserer Kraft zu schützen und das Gleichgewicht der Kräfte zu wahren, verbargen wir uns in einer Hülle,...“
„Eternia.“ entfuhr es Duncan.
„... genau. Der Planet, welcher eure Heimat ist, diente uns als Schutz und Heim über so viele Äonen hinweg. So gerieten wir immer mehr in Vergessenheit und wurden ein Geheimnis. Auch wenn immer wieder Versuche unternommen wurden, den Planeten zu erobern, konnten wir stets Kämpfer für uns gewinnen und mit der nötigen Kraft ausstatten, um uns zu verteidigen und unser Geheimnis zu wahren. Nie waren sich die dunklen Kräfte bewusst, weshalb genau es sie hierher führte, waren sie doch nur noch ein verhallendes Echo der ursprünglichen Dunkelheit.“
„Wie Motten, die vom Licht angezogen werden und wir sind eure verdammten Werkzeuge, die keine Ahnung davon haben, warum sie eigentlich wirklich kämpfen. Für Frieden und Freiheit, dachte ich zumindest immer, aber es ging nur darum, euer Versteck zu wahren. Ich dachte immer, ich würde aus freien Stücken für eine gute Sache kämpfen, aber wenn es wahr ist, was ihr gerade erzählt habt, sind wir nur eure Marionetten, Kanonenfutter, dass von euch gezüchtet worden ist.“
„Nein, Man-at-Arms, bitte versteht uns nicht falsch. Eternia hat sich von ganz alleine entwickelt. Wir hielten unsere Kraft verborgen, die Entwicklung ist ohne unser zutun vorangeschritten. Ihr wart nie Marionetten und bitte bedenkt, hättet Ihr und Eure Vorfahren euch nicht den dunklen Bedrohungen entgegengestellt, dass Leben in Frieden und Freiheit, wie ihr es bis jetzt kennt, wäre niemals möglich gewesen. Hier nicht und im restlichen Universum ebenfalls nicht. Wer Eternia beherrschen und unsere Kraft rauben würde, der könnte das gesamte Universum mit seiner dunklen Terrorherrschaft überziehen.“
Duncan schwieg. Ihm gefiel seine Situation immer weniger, aber was sollte er machen, es schien kein Entkommen zu geben.
„Wenn ich euch glauben soll, erklärt mir doch bitte endlich, worum es hier geht? Warum habt ihr mir geholfen und tretet uns nicht direkt im Kampf gegen diese große Bedrohung bei? Worum handelt es sich eigentlich genau? Geht es um Skeletor und das Drachenamulett?“
„Castle Grayskull ist unsere einzige Verbindung zur Außenwelt. Nur über das alte Schloß können wir unsere Kräfte nach außen schicken. Eternia ist mit der Zeit so stark geworden, dass wir es nicht mehr verlassen konnten.“
„Natürlich. Und es ist einfacher ein relativ kleines Tor zu verteidigen, als einen ganzen Planeten. Und jetzt, wo das Schloß verschwunden ist...“
„... ist unsere einzigste Verbindung verloren gegangen. Als wir Eure Präsenz in Hungars Reich spürten, konnten wir einen Riss, der für kurze Zeit offen stand nutzen, und Euch hierher bringen. Ein weiterer kleiner Riss wird in kürze entstehen, danach werdet Ihr und Eure Freunde wieder auf euch allein gestellt sein, bis das Schloß zurückgekehrt ist. Wir haben Euch gerettet, weil Ihr euch stets als tapferer und loyaler Krieger bewiesen habt, ihr kennt Castle Grayskull und die Geheimnisse um unseren Krieger...“
„He-Man!“ entfuhr es Duncan. „Natürlich, He-Mans Kraft ist die Eure.“
Und dann fiel Duncan mit einem mal die Sorceress ein.
„Teelana. Sie ist die Hüterin des Schlosses. Kennt Sie Eure Geschichte? Wisst ihr, was mit ihr geschehen ist?“
„Die Hüterin lebt. Doch nun zu Eurer Aufgabe Man-at-Arms. Ihr müsst...“
„Was soll das heißen, sie lebt? Und meine Aufgabe? Was für eine Aufgabe denn? Und was ist meinen anderen Freunden? Was ist mit Randor und Micah?
Was geht hier verdammt noch mal vor?
Beim letzten Satz spürte Duncan, wie sich sein Körper zu bewegen schien. Er schien in eine bestimmte Richtung zu schweben. Erst war es nur ein vages Gefühl, doch plötzlich konnte Duncan inmitten des ihn umgebenden Weiß einen Lichtpunkt ausmachen, der noch heller zu scheinen schien, als es eh schon der Fall war.
„Hey, antwortet! Was soll das? Was habt ihr vor?“
„Man-at-Arms!“ hörte er die Stimmen, jetzt wieder flüsternd, leiser werdend, als würden sie sich von ihm entfernen.
„Es ist Zeit, Man-at-Arms. Stehe dem König bei.“
„Dem König? Schickt ihr mich zu Randor? Wobei soll ich ihm beistehen? Gegen wen müssen wir kämpfen?“
Duncan bewegte sich jetzt immer schneller auf das Licht zu, er raste förmlich und bald war er so geblendet, dass es ihn schmerzte. Er schloss die Augen, doch selbst das half nichts. Sein Kopf dröhnte und fühlte sich an, als würde er bald explodieren. Er wollte jetzt noch nicht zurück. Er hatte noch so viele Fragen.
„Gegen wen müssen wir kämpfen?“ brachte er noch einmal mit letzter Kraft heraus und ganz zum Schluss, bevor er das Bewusstsein verlor vernahm er noch einmal das bekannte Flüstern in seinem Kopf:
„Hordes Prime.“